Gehirntheorie der Wirbeltiere

ISBN 978-3-00-064888-5

Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan

3.6. Die topologische Wohlordnung im Kopfbereich

Die visuelle Topologie von Facettenaugen

Segmentierten Bilateria besitzen häufig Sinnesorgane, die über viele Segmente verteilt sind. Höher organisierte besitzen an ihren Kopfsegmenten meist sowohl Linsenaugen (Medianauge) als auch Facettenaugen (Komplexaugen), manchmal sind die Komplexaugen auch in Einzelaugen aufgelöst. Wir gehen hier davon aus, dass Facettenaugen die ursprüngliche Augenvariante darstellen. Daher gehen wir der Frage nach, warum sich später Linsenaugen ausgebildet haben. Doch zuvor analysieren wir die Abbildungseigenschaften der beiden Augentypen.

Theorem der seitenrichtigen und aufrechten Abbildung bei konvexen Facettenaugen

Bei konvexen Facettenaugen entsteht auf der visuellen Rezeptorenfläche ein aufrechtes und seitenrichtiges Abbild, dessen Auflösung mit der Anzahl der Facetten zunimmt.

Hierbei setzen wir voraus, dass die Oberfläche der Facettenaugen konvex, also nach außen gekrümmt ist.

Theorem der seitenverkehrten und auf dem Kopf stehenden Abbildung bei konkaven Facettenaugen

Bei konkaven Facettenaugen entsteht auf der Retinafläche ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild, dessen Auflösung mit der Anzahl der Rezeptoren zunimmt.

Als konkav bezeichnen wir ein Facettenauge, dessen Facetten eine nach innen gewölbte, konkave Oberfläche bilden. Ist die Vertiefung der Oberfläche groß, so können wir von einem Grubenauge sprechen. Es ist nicht schwierig, sich den Übergang von einem Grubenauge zu einem Linsenauge vorzustellen.

Theorem der seitenverkehrten und auf dem Kopf stehenden Abbildung bei Linsenaugen

Bei Linsenaugen entsteht auf der Retinafläche ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild, dessen Auflösung mit der Anzahl der Rezeptoren zunimmt.

Der eigentliche Nutzen von visuellen Abbildungen begründet sich in der Eigenschaft der lichtempfindlichen Rezeptoren, Lichteinwirkungen in Folgen von Aktionspotentialen zu transformieren. Da früheste Lebewesen im Wasser lebten, welches (ohne Fremdstoffe und in geringeren Tiefen) selbst sehr lichtdurchlässig war, reagierten die Rezeptoren auf dunkle Objekte am besten. Je weniger Licht vorhanden war, umso höher war die Feuerrate, und mit zunehmender Helligkeit nahm sie ab. Daher detektierten die Augen anfänglich vor allem dunkle Objekte.

Wir unterstellen, dass diese dunklen Objekte anfangs als Futter interpretiert wurden. Wäre es umgekehrt gewesen, wären die frühen tierischen Lebensformen (möglicherweise) ausgestorben, weil sich vor jeglichem Futter geflohen wären, als wäre jedes dunkle Objekt ein Fressfeind.

Wie konnten die visuellen Signale nun eine Bewegung in Richtung Futter auslösen?

Bedenken müssen wir, dass die Muskelspannungsrezeptoren, die letztlich auf die Motoneuronen einwirken, im Neuralrohr in jedem Segment auf eine Körperabbildung projizierten, die auf der Außenfläche eines Halbzylinders lag. In dieser Körperabbildung bildeten die Segmente des Körpers Segmentstreifen. Je ein Viertelzylinder repräsentierte eine Körperhälfte des bilateralen Tieres.

Die Retina dagegen war eine Kreisfläche. Diese bildete ein kreisrundes Körpermodell der visuellen Rezeptoren. Damit diese motorisch wirksam werden konnten, musste dieses kreisförmige Körpermodell in ein halbzylinderförmiges überführt werden, welches an das sensorische Körpermodell der Muskelspannungsrezeptoren außen angelagert werden konnte. Der Ort dieser Anlagerung war das Tectum opticum. Diese Anlagerung war möglich, wenn die kreisförmige Retina zunächst in einen Halbkreis überführt wurde, um anschließend auf einen Halbzylinder abgebildet zu werden. Wir wollen diese zwei Schritte näher beschreiben.

Zunächst definieren wir zunächst die visuelle Abbildungsfunktion, die eine visuelle Kreisfunktion sein soll, weil sie auf einem Kreis definiert ist, der die Größe der visuellen Rezeptorenfläche (Retina) besitzt. Der Funktionswert soll der aktuellen Feuerrate in der betreffenden Fläche entsprechen. Diese Funktion ist nicht stetig, sondern diskret. Nur dort, wo sich real ein Rezeptor befindet, liegt ein Funktionswert vor.

Definition: visuelle Kreisfunktion

Die Abbildung der visuellen Rezeptoren auf eine Kreisfläche unter Beibehaltung ihrer Nachbarschaftsbeziehungen definiert eine visuelle Kreisfunktion. Der Funktionswert ergibt sich aus der Feuerrate der Rezeptoren. Die Funktion ist nur in den Bildpunkten der Rezeptoren definiert und diskret.

Eingedenk der Tatsache, dass bei segmentierten Bilateria mit Trennung der sensorischen und motorischen Axone der sensorische Input nur die Hälfte eines Neuralrohrs benutzen kann, überführen wir die visuelle Kreisfunktion in eine visuelle Halbkreisfunktion, indem wir den Kreis auf einen Halbkreis abbilden.

Definition: visuelle Halbkreisfunktion

Die Abbildung einer visuellen Kreisfunktion auf einen Halbkreis bezeichnen wir als visuelle Halbkreisfunktion.

Wir überführen nun die visuelle Halbkreisfunktion in eine visuelle Mantelfunktion, die auf der Mantelfläche eines Halbzylinders definiert ist. Jeder in der Halbkreisfläche liegende Rezeptor möge sein Axon zum zugeordneten Punkt der Mantelfläche senden und dort ein Empfangsneuron mit der gleichen Feuerrate erregen, die er selbst hat. Der Außenrand des Halbkreises möge oben auf der Mantelfläche abgebildet wurden, das Kreiszentrum dagegen unten.

Bei den genannten Überführungen von einer Darstellungsform in eine andere möge die Topologie stets erhalten bleiben, insbesondere Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Bildpunkten.

Definition: visuelle Mantelfunktion

Die Abbildung einer visuellen Halbkreisfunktion auf die Mantelfläche eines Halbzylinders bezeichnen wir als visuelle Mantelfunktion.

Nun erinnern wir uns an das Theorem der segmentierten Körperabbildungen im Rumpfbereich. In jedem Segment existierte für jede Modalität eine Körperabbildung auf der Mantelfläche eines Halbzylinders. Im Kopfbereich besteht analoges, denn alle vorhandenen Axone ziehen über Konnektive auch in das zweite, das visuelle Segment.

Dort kommt es zur Überlappung, indem die Mantelfläche der visuellen Empfangsneuronen außen an die bisherigen Mantelflächen angelagert wird. Innen verlaufen also die sensorischen Axone des Rumpfes und kontaktieren die zugehörigen Mantelneuronen, während außen die visuellen Axone verlaufen und die visuellen Mantelneuronen kontaktieren.

Über Interneuronen mögen nun die eintreffenden visuellen Signale die sensorischen Mantelneuronen erregen und ihnen die visuelle Erregung aufprägen.

Visuelle Abbildung der Retina im Tectum opticum

Abbildung 8- Visuelle Abbildung der Retina im Tectum opticum

Was passiert nun, wenn es sich um ein Facettenauge handelt?

Theorem der visuellen Muskelsteuerung bei Facettenaugen

Im Zusammenwirken mit einer unabhängigen Vorwärtsbewegung führt bei Facettenaugen ein oben befindliches visuelles Objekt zu einer Kontraktion der oberen Rumpfmuskeln, so dass die Bewegung in Richtung des Objekts erfolgt. Ein unten befindliches Objekt generiert eine Kontraktion der unteren Rumpfmuskeln. Ein links befindliches Objekt führt zur Kontraktion der linken Rumpfmuskeln, ein rechts befindliches zur Kontraktion der rechten. Ein Objekt im Sehzentrum aktiviert die Schwanzmuskeln des letzten Segments, ein Objekt am Rande des Sehfeldes dagegen die Muskeln der kopfseitigen Segmente. Vorausgesetzt wird eine waagerechte Normallage, wie sie etwa bei Fischen auftritt.

Das Sehfeldzentrum ist hierbei dem Schwanzsegment zugeordnet, die Sehfeldperipherie dem Kopfsegment. Mit zunehmendem Abstand vom Zentrum nimmt die Segmentnummer des Segments zu, welches die zugehörigen visuellen Signale als Steuersignale für seine Motoneuronen empfängt.

Wir bezeichnen eine solche Abbildung als visuellmotorische Standardprojektion ohne Körperseitenspiegelung. Diese führt zu einer Annäherung an visuelle Objekte, so dass sie letztlich mit dem Maul ergriffen werden können. Die Annäherungsbewegung erfolgt schlängelnd durch wechselseitiges Pendeln, verursacht durch die kontralaterale Hemmung und die Zeitverzögerung auf den myelinfreien Kreuzkommissuren der Klasse 2, und die Korrekturbewegungen, die vom ebenfalls pendelnden Objektabbild auf der Netzhaut generiert werden.

Damit können wir das folgende Theorem formulieren.

Theorem der visuellmotorischen Standardprojektion bei Facettenaugen mit konvexer Krümmung

Bei Facettenaugen mit konvexer Krümmung liegt eine visuellmotorische Standardprojektion ohne Körperseitenspiegelung vor.

Bei Linsenaugen würde das visuelle Abbild bei gleichen Bedingungen seitenverkehrt und umgekehrt sein, damit wären die Bewegung auch vertauscht. Linsenaugen würden bei dieser Abbildungstopologie dazu führen, dass dem Futter aktiv ausgewichen wird. Daher können Linsenaugen auf dieser Stufe der Evolution zur Futtersuche nicht verwendet werden. Ihre Ausbildung erfordert die Herausbildung einer inversen Abbildungstopologie. Diese erfolgte erst viel später und bedurfte einer Ursache, die in den nachfolgenden Abschnitten beschrieben werden wird. Dennoch formulieren wir bereits hier das Ergebnis.

Theorem des visuellen Körpermodells für Facettenaugen mit konvexer Krümmung

Hat ein segmentiertes bilaterales Lebewesen Facettenaugen mit konvexer Krümmung, so dass ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild auf der annähernd runden visuellen Rezeptorfläche entsteht, so ziehen die Rezeptoraxone (direkt oder nach Umschaltung auf projizierende Ganglienzellen) zum zugeordneten visuellen Segment und kontaktieren dort visuelle Konnektivneuronen. Diese bilden auf der Mantelfläche eines Halbzylinders ein Körperabbild der visuellen Rezeptorfläche. Dieses Körperabbild liegt über den dort bereits vorhandenen sensorischen Körperabbildungen, die nach Modalitäten geordnet ineinander geschachtelte Mantelflächen von Halbzylindern bilden. Hierbei wird das Retinainnere den schwanzseitigen Körpersegmenten zugeordnet, das Äußere dagegen den kopfseitigen. Es erfolgt keine Drehung oder Spiegelung der Abbilder. Die Retinasignale der links liegenden visuellen Objekte aktivieren links gelegene Rumpfmuskeln, rechts liegende die rechts gelegenen. Auch oben und unten bleibt innerhalb der Projektion erhalten.

Die Axone der visuellen Konnektivneuronen transportieren die Signale (wie im Strickleitersystem) kopfwärts bis zur obersten Wendeetage. Dort erfolgt die Signalumkehr über Kommissurneuronen, die mit absteigend projizierenden motorischen Konnektivneuronen synaptisch verbunden sind. Letztere projizieren zu den Motoneuronen, so dass visuelle Signale Bewegungen generieren, die zum visuellen Objekt gerichtet sind.

Eine solche Projektion einer etwa kreisförmigen Rezeptorenfläche auf die Mantelfläche eines Halbzylinders bezeichnen wir als ungespiegelte Projektion.

Theorem der visuellmotorischen Standardprojektion mit Körperseitenspiegelung bei Linsenaugen

Bei Linsenaugen liegt eine visuellmotorische Standardprojektion mit Körperseitenspiegelung vor.

Grubenaugen, die wie eine Lochkamera arbeiten, seien den Linsenaugen in ihrer Wirkungsweise gleichgestellt.

Damit ergibt sich die Vermutung, dass die Projektionsaxone der Rumpfsinne, die den Kopfbereich im Segment von Linsenaugen erreichen, zuvor einer Körperseitenspiegelung unterzogen werden müssen, damit optische Reize die Bewegung in die Richtung zum visuellen Objekt bewirken. Der absteigende, motorische Output muss nach dem Verlassen des optischen Segments ebenfalls einer Körperseitenspiegelung unterzogen werden, damit die Muskeln angesteuert werden, die eine Bewegung hin zum optischen Reizobjekt bewirken.

Eine Körperseitenspiegelung kann erreicht werden, indem die Axone der linken Körperseite  in einem gewissen, kopfseitig gelegenen Segment zur rechten Seite kreuzen, während gleichzeitig die Axone der linken Seite zur rechten Seite wechseln. Derartige Axonkreuzungen sind bei Wirbeltieren real nachgewiesen worden, und viele Theorien versuchten, die Herausbildung solcher Kreuzungen zu begründen. Wir postulieren hier die Ausbildung einer solchen Signalkreuzung im fünften Segment und werden dieses als Kreuzungssegment bezeichnen.

Damit ergibt sich die Frage, welcher Anlass dazu führte, dass eine solche sensorische und motorische Körperseitenspiegelung gebildet wurde. Die Antwort liefert das Studium des urtümlichen Vestibularsinnes.

Die Abbildungstopologie des urtümlichen Vestibularsinnes

Wir analysieren nun die Abbildungstopologie des urtümlichen Vestibularsinnes, bei dem ein herumrollendes Sandkörnchen in einer Statocyste die Haarzellen an der jeweils tiefsten Stelle reizte. Projizieren wir die kugelförmige Innenfläche der Statocyste und der in ihr enthaltenen Haarzellen auf eine Kreisfläche, so entsteht eine vestibuläre Kreisfunktion.

Zunächst überführen wir diese in eine vestibuläre Halbkreisfunktion, so wie es bereits bei den visuellen Signalen erfolgte. Diese können wir über eine einfache topologische Abbildung auf eine vestibuläre Mantelfunktion abbilden, die auf der Mantelfläche eines Halbzylinders definiert ist. Auf der Mantelfläche denken wir uns die vestibulären Empfangsneuronen angeordnet, die über Axone mit den Haarzellen (evtl. unter Zwischenschaltung von Hilfsneuronen) die Vestibularsignale empfangen. Jedes Empfangsneuron übernimmt von seinem Rezeptor dessen Feuerrate.

Hier stehen wir allerdings vor einem Problem: Eine aktive Haarzelle muss einen Rumpfmuskel auf der kontralateralen Seite aktivieren. Dies sei am Beispiel des Menschen erläutert.

Beugt sich ein Mensch nach vorn, so werden die bauchseitigen Rumpfmuskeln aktiviert und bewirken die Beugung. Ein Sandkorn in der Statocyste würde nach vorn rollen. Damit aber wieder eine aufrechte Körperposition eingenommen wird, muss die vorn liegende erregte Haarzelle die rückenseitig gelegenen Rumpfmuskeln aktivieren, damit eine Gegenbewegung in die Senkrechte eingeleitet wird.

Jede Haarzelle muss also mit einem kontralateral gelegenen Motoneuron verbunden werden, damit eine Korrekturbewegung die Standardposition wiederherstellt.

Verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass die sensorischen Signale - zu denen auch die Vestibularsignale zählen - im Neuralrohr nur auf der sensorischen Hälfte verlaufen können, weil die andere Hälfte den motorischen Signalen und ihren Axonen zugewiesen ist. Dennoch ist auch hier eine Signalkreuzung zur kontralateralen Seite möglich.

Wir vergleichen nun die ungekreuzte und die gekreuzte Signalführung, getrennt nach sensorischen und motorischen Signalen. Dazu denken wir uns das Neuralrohr im vestibulären Segment durchgeschnitten, so dass die Schnittfläche kreisförmig ist.

Wir unterteilen in der folgenden Abbildung das Neuralrohr in einen sensorischen Anteil (gelb) und einen motorischen Anteil (grün). Ebenso unterteilen wir es in je vier rechte Teilsegmente (1R bis 4R) und in vier linke Teilsegmente (1L bis 4L).

Dargestellt ist die Anordnung der Neuronen des Neuralrohrs im Rumpfbereich und im Kopfbereich, zwischen beiden denken wir uns die Kreuzungsetage. Die Folgen nach dem Durchlaufen der Kreuzungsetage sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Der Ventrikelhohlraum des Neuralrohrs ist vereinfachend weggelassen worden.

Prinzip der Signalkreuzung in der Kreuzungsetage

Abbildung 9- Prinzip der Signalkreuzung in der Kreuzungsetage

Betrachtet man die obige Abbildung genauer, so sieht man, dass der Viertelkreis, der von den sensorischen Neuronen des Rumpfes gebildet wird, die mit 1L, 2L, 3L und 4L bezeichnet wurden, einfach nur um 90 Grad gedreht werden muss, um mit den Neuronen 1L, 2L, 3L und 4L der Kopfetagen übereinzustimmen, wobei der Drehpunkt die Neuralrohrmitte sein muss.

Analog, aber in die entgegengesetzte Drehrichtung, muss der Viertelkreis der rechts befindlichen Rumpfneuronen gedreht werden.

Bei der motorischen Neuralrohrhälfte muss analog je eine Viertel um 90 Grad, das andere um -90 Grad um das Zentrum gedreht werden.

Bei dieser Drehtransformation kommt es zu keiner Vermischung der Axonleitungen, selbst die Axone der Kommissurneuronen der Klasse 3, als Pfeile in der Abbildung dargestellt, verlaufen nach der Signalkreuzung völlig geordnet und parallel zueinander wie vor der Spiegelung.

Eine vollständige Kreuzung besteht aus zwei Teilkomponenten: einer sensorischen Kreuzung und einer motorischen Kreuzung. In der sensorischen Kreuzung ziehen die aufsteigenden, sensorischen Signale über die Kreuzungsaxone zur Gegenseite. In der motorischen Kreuzung ziehen die absteigenden, motorischen Signale über Axone von der Gegenseite zurück zu der Seite, die die aufsteigenden sensorischen Signale zu ihnen lieferte. Diese Kreuzungen gibt es noch heute im Wirbeltiergehirn.

Die sensorischen Signale steigen im Fasciculus gracilis und Fasciculus cuneatus ungekreuzt und unverschaltet zu den sensorischen Kernen der Eingangsetage, dem Nucleus gracilis und dem Nucleus cuneatus auf. Deren Axone kreuzen als Fibrae arcuatae internae des Lemniscus mediales in der Decussatio lemnisci medialis zur kontralateralen Seite und ziehen von dort weiter kopfwärts zur thalamischen Etage. Es ist davon auszugehen, dass dieser beim Menschen vorliegende Axonverlauf sich bereits in frühester Urzeit beim Urhirn der Chordaten manifestiert hat. Der Wechsel zur kontralateralen Seite erfolgte für die aufsteigenden, sensorischen Signale nach dem Durchlaufen der sensorischen Eingangskerne des Urhirns.

Die Decussatio tegmentalis anterior befindet sich etwa in Höhe der Colliculi superiores. Sie enthält Nervenfasern des Nucleus ruber, die auf die andere Seite kreuzen, um den  γ -Motoneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks ziehen.

Die absteigenden, motorischen Signale erreichen den Nucleus ruber. Von dort ziehen die Axone zur kontralateralen Seite, um von dort zu den  γ-Motoneuronen abzusteigen. Diese Kreuzungsaxone bilden die Decussatio tegmentalis anterior. Diese beim Menschen vorliegenden Verhältnisse können wir sicherlich auf das Urhirn der Chordaten übertragen, da Axonverläufe einen sehr konservativen Charakter haben.

Theorem der Kreuzung der afferenten ipsi- und kontralateralen Axone im Kreuzungssegment über dem Eingangssegment

Kopfseitig über dem Eingangssegment befindet sich ein sensorisches Kreuzungssegment. Die afferenten, sensorischen Konnektivaxone des linken und des rechten Hinterhornstranges tauschen im Kreuzungssegment ihre Positionen.

Unterhalb des Eingangssegmentes befindet sich das motorische Kreuzungssegment. Die efferenten, motorischen Konnektivaxone des linken und des rechten Vorderhornstranges tauschen im motorischen Kreuzungssegment ihre Positionen. Dadurch wird in den kopfseitig darüber liegenden sensorischen und motorischen Körpermodellen eine kontralaterale Körperdarstellung bewirkt.

Der Seitenwechsel erfolgt im aufsteigenden Teil oberhalb der Eingangskerne und im absteigenden Teil unterhalb der Ausgangskerne.

Diese Signalkreuzung zu einer sehr frühen evolutionären Phase hat sich bis zum heutigen Tage bei den Wirbeltieren erhalten.

Theorem des visuellen Körpermodells für Linsenaugen

Bei Linsenaugen wird das visuelle Abbild auf der Retina auf dem Kopf stehend und seitenverkehrt abgebildet. Dies entspricht einer Punktspiegelung. Diese muss durch eine Punktspiegelung im Axonverlauf korrigiert werden. Diese erfolgt in der Kreuzungsetage des fünften Segments. Nur so ist sichergestellt, dass in Objekt im Sehfeld diejenigen Muskeln des Rumpfes mit Kontraktionssignalen versorgt, die für eine Hinbewegung zu diesem Objekt führen (Futtersuche).

Theorem der Kommissurverbindungen zwischen sensorischen und motorischen Körperabbildungen im Rumpfbereich

Die Neuronen, die für eine bestimmte Modalität in einem bestimmten Segment das sensorische Körperabbild repräsentieren, projizieren über Kommissuren zum zugehörigen motorischen Körperabbild. Beide liegen auf der Mantelfläche je eines Halbzylinders. Beide Halbzylinder bilden einen ganzen Zylinder. In diesem Zylinder würden die Kommissuren alle parallel zueinander waagerecht vom sensorischen zum motorischen Halbzylinder verlaufen, wenn es den Ventrikelhohlraum im Neuralrohr nicht geben würde und die Anzahl der sensorischen Neuronen mit der Anzahl der motorischen Neuronen übereinstimmen würde. Die Trennebene zwischen beiden Halbzylindern wäre dann eine Symmetrieebene für alle Kommissuraxone. Durch den vorhandenen Ventrikelhohlraum ist der reale Axonverlauf jedoch gekrümmt, wobei dadurch keine Vermischung der Axone auftritt.

Ist die Anzahl der sensorischen Neuronen viel größer als die der motorischen, kommt es zu einer Konvergenz der sensorischen Projektionen auf die in geringerer Anzahl vorliegenden motorischen Neuronen. Immer gibt es jedoch einen Signalfluss vom sensorischen zum motorischen Körperabbild.

Bemerkung:

An dieser Stelle wird ganz deutlich, wie notwendig eine strikte Trennung des sensorischen vom motorischen Teil ist. Wären die aufsteigenden, sensorischen Axone mit den absteigenden, motorischen Axonen wild durcheinander gemischt, so gäbe es keine solchen topologischen Beziehungen und damit auch keinen organisierten Algorithmus für die systematische Beeinflussung der Motorik über die Sensorik.

Hinweis:

Der Zylinder, der das sensorische und motorische Körperabbild ein einem bestimmten Segment enthält, muss bei weitem nicht so hoch sein wie das zugehörige Körpersegment selbst. Wenn der Körper etwa aus 20 Segmenten besteht, von denen jedes Segment beispielsweise nur 12 Rumpfmuskeln enthält, so besteht das zu den Muskelspindeln (oder ihren analog wirkenden freien Nervenendigungen von Neuronen) gebildete sensorische Körperabbild im obersten Segment aus 240 Konnektivneuronen, die ihrerseits 240 waagerecht verlaufende Kommissurneuronen mit Input versorgen. Die von ihnen gebildete Mantelfläche des sensorischen Halbzylinders ist relativ klein, denn der Abstand zweier Neuronen auf dieser Fläche liegt im Bereich von weniger als einem zehntel Millimeter. Für das motorische Körperabbild, bei dem 240 Neuronen zu den Motoneuronen des Rumpfes projizieren, gilt das gleiche. Das Körperabbild belegt also im Neuralrohrsegment nur einen Bruchteil des verfügbaren Platzes. Erst bei starker Zunahme der Rezeptorenanzahl gewisser Modalitäten (etwa Tastsinn) wächst das Körperabbild, und die zugehörigen Körperabbilder anderer Modalitäten wachsen gleichzeitig mit, auch wenn sie deutlich weniger Rezeptoren aufweisen. Nur so können Nachbarschaftsbeziehungen des Körpers in den Körperabbildern der verschiedenen Modalitäten erhalten bleiben.

Theorem der vestibulären Projektion

Die aufsteigenden und absteigenden Rumpfsignale werden vor dem Erreichen des vestibulären Segments einer kontralateralen Spiegelung in der Kreuzungsetage unterzogen. Daher können die Vestibularsignale direkt in eine vestibuläre Mantelfunktion überführt werden. Diese lagert sich als Mantelfläche eines Halbzylinders an die bereits vorhandenen sensorischen Halbzylinder an, ohne dass zuvor eine Signalspiegelung erforderlich wäre.

In allen Segmenten oberhalb des Kreuzungssegments der hier beschriebenen segmentierten Bilateria waren die sensorischen und motorischen Körpermodelle kontralateral gespiegelt. Damit erhielt auch das primäre visuelle Segment die kontralateral gespiegelten sensorischen Körperabbilder des Rumpfes und sein Output projizierte in Motoneuronen der Gegenseite. Daher waren die dort vorhandenen konkaven Facettenaugen nicht mehr brauchbar, um dunkle visuelle Objekte zielgerichtet anzusteuern. Hier begann der schrittweise Umbau dieser Augen in Richtung von Linsenaugen.

Auch im vestibulären Segment gab es einen Mittelwertkern, der die vestibulären Signale integrierte. Dieser Kern war der Nucleus Deiters - so wird er bei Säugetieren genannt. Er sollte eine spezielle Aufgabe beim Umbau des Vestibularsystems übernehmen.

Theorem des Nucleus Deiters

Der Nucleus Deiters war (ursprünglich) der Mittelwertkern des vestibulären Segments.

Theorem des Umbaus der primären konvexen Facettenaugen in Linsenaugen

Der Output der primären, konvexen Facettenaugen des zweiten Segments war nach der Ausbildung der vestibulär begründeten kontralateralen Signalspiegelung in der Kreuzungsetage für eine sinnvolle Körpersteuerung nicht mehr brauchbar, da anstelle der zum Ziel hinwirkenden Muskeln nun deren Gegenspieler angesteuert wurden. Daher erfolgte eine schrittweise Reduktion dieser Augenanlagen. Dies führte dazu, dass die ursprünglich konvex gekrümmte Fläche im Verlauf unzähliger Generationen nach innen einsank und konkav wurde. Damit war die Brauchbarkeit der visuellen Signale wiederhergestellt, denn diese Augenform brauchte gekreuzte Signalwege. Daher wurde die Konkavität erhöht, so dass Grubenaugen entstanden. Zum Verhindern des Eindringens von Fremdkörpern in die Augengrube bildete sich eine lichtdurchlässige Abdeckung des Hohlraums, aus dem sich die Augenlinse entwickelte. Eine Füllung des Hohlraums mit Wasser und später mit lichtdurchlässigem Gewebe diente der Formerhaltung.

Theorem der Beibehaltung der sekundären Facettenaugen

Die sekundären Augen, die unterhalb des Kreuzungssegments angeordnet waren, blieben konvexe Facettenaugen, da sie einen ungekreuzten Anschluss benötigten, der dort vorhanden war. Weil jedoch die Abbildungsqualität der inzwischen gebildeten Linsenaugen im Verlaufe der Evolution enorm gesteigert werden konnte, nahmen die sekundären Augen nur noch eine stark reduzierte visuelle Funktion wahr. Sie spezialisierten sich auf die Erkennung von Hell und Dunkel und dienten mit diesen Mittelwertsignalen der circadianen Steuerung des Lebewesens, indem sie in der subthalamischen Etage den Nucleus suprachiasmaticus mit synchronisierenden Signalen versorgten.

Aus den zwei sekundären Augen gingen bei den Wirbeltieren zwei Strukturen hervor. Eines dieser Augen konnte sich zum Parietalauge (Scheitelauge) entwickeln, welches bei ursprünglichen Wirbeltieren vorhanden ist und der Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden dient. Das andere sekundäre Auge konnte sich zur Zirbeldrüse umwandeln, die im Epithalamus der circadianen Rhythmik dient.

Theorem der Verschmelzung der Kopfsegmente

Die Kopfsegmente spezialisierten sich auf die Auswertung der Signale der abhängigen Rezeptoren. Hierbei erfolgte gleichzeitig eine Verschmelzung dieser Segmente, die nun vor der eigentlichen Mundöffnung lagen. Parallel dazu erfolgte auf jeder Körperseite des Kopfbereiches sowohl die Verschmelzung der sensorischen Zentren als auch der motorischen Zentren der Kopfregion mit Ausnahme des ersten (olfaktorischen) Segments. Durch diese Verschmelzung lagen die betreffenden sensorischen bzw. motorischen Zentren der verschmolzenen Segmente im zugehörigen Strickleitermodell nicht mehr hintereinander, sondern nebeneinander.

Wir interpretieren das Verschmelzen sowohl der kopfseitigen Segmente als auch der zugehörigen sensorischen und motorischen Zentren der beteiligten Segmente als den Standardfall, der auch bei denjenigen segmentierten Bilateria durchlaufen wurde, die zu den Wirbeltieren führten.

Bei den heute lebenden segmentierten Bilateria bildeten die miteinander verschmolzenen sensorischen und motorischen Zentren der Kopfsegmente das Oberschlundganglion.  Unterhalb der Mundöffnung befindet sich dann oft ein Unterschlundganglion.

Theorem der Gleichrangigkeit der Kopfmodalitäten

Nach der Verschmelzung der Kopfsegmente und der Verschmelzung seiner sensorischen und motorischen Zentren waren die Kopfmodalitäten gleichrangig. Dies bedeutete im Strickleitermodell, dass es auf jeder Körperseite eine Rumpfleiter gab. Diese verzweigte sich an ihrer obersten Rumpfsprosse jedoch in so viele Teilleitern, wie es Kopfmodalitäten gab, zusätzlich existierten weitere Teilleitern der verschiedenen Rumpfmodalitäten. Zu jeder Kopf- und Rumpfmodalität gab es eine eigene, kraniale Modalitätenleiter mit zwei Sprossen. Die unteren Sprossen der verschiedenen Kopfmodalitäten lagen parallel zueinander und bildeten durch ihre räumliche Nähe zueinander (als Verschmelzung bezeichnet) das thalamische Zentrum, welches bei heutigen Bilateria als Oberschlundganglion bezeichnet wird. Wir bezeichnen diese Struktur als thalamische Wendeetage. Die sensorischen bzw. motorischen Zentren bildeten den sensorischen bzw. motorischen Thalamus, der sich in die verschiedenen Modalitäten untergliederte. Die oberen Kopfsprossen bezeichnen wir als cortikale Wendeetagen oder als cortikale Wendeschleifen der betreffenden Modalitäten.

Anfänglich gab eine Aufspaltung in drei kraniale Modalitätenleitern und somit in drei cortikale Wendeetagen, die hier als temporale, parietale und okzipitale Wendeetage bezeichnet werden. Aus ihnen gingen bei den Säugetieren die Lobi des Gehirns hervor, die als Temporallappen, Parietallappen und Okzipitallappen bezeichnet werden.

Unterhalb der thalamischen Wendeetage befinden sich die Inputetagen für die Kopf-und Rumpfsinne. Die visuellen Signale treffen direkt in auf der Höhe der thalamischen Wendeetage ein, die olfaktorischen sogar direkt in der cortikalen Etage der Temporalschleife.

Die Auffaltung des Strickleitersystems in Modalitätenleitern skizziert nachfolgende Abbildung, hierbei bedeuten

-         TS Temporalschleife

-         PS Parietalschleife

-         OS Okzipitalschleife

Links ist der frühe, rechts der spätere Zustand dargestellt.

Aufspaltung des Strickleitersystems in Modalit�tenleitern


Abbildung 10- Aufspaltung des Strickleitersystems in Modalitätenleitern

In früher Urzeit gab es folgende Verteilung der Modalitäten auf die drei Modalitätenschleifen:

-         Die Temporalschleife empfing vorwiegend die Signale der Haarzellenrezeptoren. Diese dienten einerseits dem Vestibularsystem, andererseits dem Seitenliniensinn des Rumpfes. Mit der Weiterentwicklung des Vestibularsystems entstand der Hörsinn, dessen Signale ebenfalls in der Temporalschleife ausgewertet wurden.

Weiterhin empfing die Temporalschleife direkt - also ohne Umweg über die thalamische Ebene - die olfaktorischen Signale und umfasste später auch das sich bildende limbische System.

-         Die Parietalschleife empfing die Signale der Muskelspannungsrezeptoren des Rumpfes sowie die der Sehnenorgane und die Signale weiterer, die Gelenkstellungen analysierenden Rezeptoren des Rumpfes. Mit der Herausbildung von Sensoren für den Tast- und Schmerzsinn wurden deren Signale ebenfalls in der Parietalschleife ausgewertet. Später kamen die analogen Signale der sich entwickelnden Flossen bzw. der Extremitäten der Tetrapoden hinzu.

-         Die Okzipitalschleife empfing den Output der Sehrezeptoren.

Eine Besonderheit der Temporalschleife bestand darin, dass sie als Teilsystem das olfaktorische System enthielt, das später zum limbischen System erweitert wurde. Insbesondere der sensorische Eingangskern und der motorische Ausgangskern der olfaktorischen Etage wurden selbständige Strukturelemente der Temporalschleife bzw. des daraus entstehenden Temporallappens der Wirbeltiere. Gleiches gilt für die Mittelwertkerne der olfaktorischen Etage. Einer wurde durch seine räumliche Nähe ein Subkern der Amygdala. Selbst die Projektion der olfaktorischen Etage in den dopaminergen Mittelwertkern endete in einer separaten Struktur, die als Area tegmentalis ventralis, kurz VTA bezeichnet wird. Und während die drei (später vier) cortikalen Modalitätenschleifen bzw. die daraus hervorgehenden Lobi als cholinergen Mittelwertkern den Nucleus basalis Meynert nutzten, verrichtete innerhalb der Temporalschleife das Septum die Funktion des zur olfaktorischen Etage gehörenden cholinergen Mittelwertkerns.

Selbst das Striatum, dessen Entstehung später beschrieben wird, besaß in der olfaktorischen Etage eine Entsprechung und wurde, ebenfalls durch seine räumliche Nähe, ein Subkern der Amygdala, gekennzeichnet durch GABAerge Neuronen mit dopaminergem Eingang und D1- bzw. D2-Rezeptoren für Dopamin.

Eine weitere cortikale Wendeschleife entstand, als sich eine neue neuronale Struktur entwickelte, die als Cerebellum bezeichnet wird. Der Output dieser neuen Struktur führte zur Bildung der frontalen Wendeschleife, aus welcher der Frontallappen der Wirbeltiere hervorging. Dies wird später beschrieben.

Theorem der Auffaltung der cortikalen Etage in Modalitätenschleifen

Durch die Auffaltung der cortikalen Wendeschleife in Modalitätenschleifen kam es zur Herausbildung der Temporalschleife, der Parietalschleife und der Okzipitalschleife, jede von ihnen verarbeitete Signale unterschiedlicher Modalitäten.

Mit der viel später einsetzenden Entwicklung eines Cerebellums entstand weiterhin die frontale Wendeschleife.

Aus diesen Modalitätenschleifen entwickelte sich bei den Wirbeltieren der Temporalcortex, der Parietalcortex, der Okzipitalcortex und der Frontalcortex.

Die Auffaltung der Modalitätenschleifen hatte Folgen für die in dieser Etage vorhandenen Kerne. Während bei der Temporalschleife der cholinerge Mittelwertkern vom Septum gebildet wurde, fanden sich in den anderen Schleifen die cholinergen Mittelwertneuronen zu einer Struktur zusammen, die als Nucleus basalis Meynert bezeichnet wird.

Die durch die Aufspaltung der Modalitäten entstehenden Modalitätenschleifen besaßen ebenfalls eine topologische Wohlordnung, die sich aus den zuvor bestehenden topologischen Eigenschaften ableiten lässt.

Die Neuronen der Klasse 4, die sich in den cortikalen Wendeschleifen befanden, konnten nicht mehr zu höher gelegenen Etagen des Nervensystems projizieren, da der Cortex die höchste Etage bildete. Daher bildeten sie sich zu lokalen Interneuronen um, die den aufsteigenden Input empfingen und ihn an die vorhandenen Projektionsneuronen der Klasse 2, 3 und 6 weiterleiteten. Da sie ursprünglich nur in den sensorischen Zentren vorhanden waren, existierten sie nur im sensorischen Cortex der verschiedenen Lobi.

Theorem der sensorischen Körperabbildungen im Cortex

Die Inputneuronen der Klasse 4 der sensorischen Cortexfläche, die vereinfacht pro Körperhälfte auf der Oberfläche eines Halbzylinders dargestellt sein mögen, bilden für jede sensorische Modalität einen senkrecht verlaufenden Streifen. Jeder Modalitätenstreifen besteht aus waagerecht angeordneten Segmentstreifen. Der oberste, erste Segmentstreifen ist dem Schwanzsegment zugeordnet. So entsteht in jedem Modalitätenstreifen der Cortexfläche durch die Inputneuronen ein Körpermodell, bei dem für jede Modalität die Verteilung der zugehörigen Rezeptoren dieser Modalität auf oder unter der Oberfläche des Körpers des Lebewesens dargestellt wird.

In der Cortexfläche bilden die Inputneuronen der Klasse 4 eine einlagige Schicht.

Eine Transformation vom Halbzylinder zur Halbkugel, die die Form einer Gehirnhälfte bei Säugetieren besser annähert, führt zu analogen Modalitäten- und Segmentstreifen, die nun jedoch auf die Kugelform projiziert werden.

Die Auffaltung der Modalitäten in der thalamischen Etage führt dazu, dass die Cortexfläche aus anfänglich drei, später aus vier Lappen besteht, die für zusammengehörige Gruppen von Rezeptoren zuständig ist.

Die Axone, die dem Schwanzsegment zugeordnet sind, verlaufen im Inneren des Neuralrohrs, außen lagern sich die Axone der höheren Segmente an. Im Cortexbereich angekommen, befinden sich außen die Axone des obersten Segments, innen dagegen die des Schwanzsegments. In dieser Reihenfolge docken die Axone der aufsteigenden Konnektivneuronen an den Cortexneuronen der Schicht 4 an. Daher befindet sich das Schwanzsegment in dieser Projektion oben in der Cortexfläche, die Reihenfolge der Segmente ist quasi -auf den Kopf gestellt-.

Es sei daran erinnert, dass der sensorische Cortex aus dem sensorischen Zentrum des ersten Segments hervorging. Dieses projizierte im Strickleiter-Nervensystem der jeweiligen Körperhälfte zum motorischen Zentrum des gleichen Segments. Diese Projektion blieb erhalten und führte - ebenfalls durch Auffaltung - zur Entstehung eines motorischen Cortex.

Eine sich im Verlauf der Evolution herausbildende lokale Erhöhung oder Erniedrigung der Rezeptorenanzahl einer Modalität führt zu räumlichen Verzerrungen, die zugehörigen Flächen im cortikalen Körpermodell nehmen dann relativ mehr bzw. weniger Platz ein. Sehr sensible Regionen werden daher stärk vergrößert dargestellt, rezeptorarme dagegen verkleinert.

Mit der Entwicklung neuer Körperteile wie einer Kopfmuskulatur, von Kiefern, Flossen oder später bei den Tetrapoden von Gliedmaßen, werden in die bestehenden Körpermodelle neue Modellteile eingefügt, deren Lage davon abhängt, an welcher Stelle im Thalamus der aufsteigende sensorische Input eintrifft.

Der Input erreicht im sensorischen Cortex die Neuronenschicht der Neuronen der Klasse 4. Wir erinnern uns kurz an das Strickleiter-Nervensystem und an das tetraneurale System. Dort wurde der im Segment eintreffende Input von den Neuronen der Klasse 4 über Konnektivneuronen der Klasse 3 an die motorischen Projektionsneuronen der Klasse 5 weitergegeben und von dort schwanzwärts zu seinen zugehörigen Motoneuronen gesendet.

Ebenso wurde der Input der Neuronenklasse 4 über Kreuzkommissuren der Neuronenklasse 2 zur Gegenseite, also zur gegenüberliegenden Cortexhälfte, gesendet zum Zweck der kontralateralen Hemmung. Diese Kreuzkommissuren gab es sowohl in der sensorischen als auch in der motorischen Cortexhälfte. Die zugehörigen Projektionsaxone bilden beim Menschen den Balken (Corpus callosum).

Ebenso finden sich in den Cortexflächen die Neuronenklasse 6 der Mittelwertneuronen und die Neuronenklasse 1 der Aktivierungsneuronen, die mit den Mittelwertzentren verbunden sind.

Im motorischen Cortex finden wir die Neuronenklasse 5 der zum Neuralrohr bzw. zum Rückenmark projizierenden Neuronen.

Damit finden wir alle sechs Neuronenklassen in der obersten, cortikalen Etage wieder. Sensorische Neuronen befinden sich in der sensorischen Hälfte der cortikalen Etage, die motorischen in der motorischen Hälfte.

Wir unterstellen, dass sich diejenige Neuronenklasse 6, die zum jeweiligen Mittelwertzentrum eines Segments projiziert, im Verlaufe der Evolution als erste gebildet hat, denn die Lebensfähigkeit war als erstes abzusichern. Die Projektionen vom sensorischen zum motorischen Zentrum eines Segments entstanden folglich danach, noch vor der Herausbildung segmentierter Körper. Damit entstand die Neuronenklasse 3 nach der Neuronenklasse 6. Etwa zeitgleich entstand die Projektion von einem Zentrum zum kontralateralen Zentrum über die Neuronenklasse 2.

Danach müssen mit der Herausbildung der Segmentierung die sensorischen und motorischen Konnektivneuronen entwickelt worden sein, die den Signalaustausch zwischen den Segmenten ermöglichten. Dieses sind die Neuronenklassen 4 und 5. Diese Neuronenklassen wurden zwischen die Klasse 6 und die Klasse 3 geschoben. Als Letztes entwickelte sich die Klasse der Aktivierungsneuronen der Klasse 1, die sich außen anlagerte. Natürlich gilt diese Hypothese nur für segmentierten Bilateria, deren Linie zu den Wirbeltieren führte. Damit können wir für diese Lebewesen ein weiteres Theorem formulieren.

Theorem der Wohlordnung der verschiedenen Neuronenklassen im Neuralrohr

Im Neuralrohr der Lebewesen, deren Linie zu den Wirbeltieren führte, entstand eine Wohlordnung der verschiedenen Neuronenklassen in eigenständigen Schichten von außen nach innen in folgender Reihenfolge:

Schicht 6 der Neuronenklasse 6 (Mittelwertneuronen)

Schicht 5 der motorischen Kommissurneuronen der Klasse 5

Schicht 4 der sensorischen Kommissurneuronen der Klasse 4

Schicht 3 der sensorischen Konnektivneuronen der Klasse 3

Schicht 2 der motorischen Konnektivneuronen der Klasse 2

Schicht 1 der Aktivierungsneuronen der Klasse 1

Hierbei befindet sich die Schicht 1 mit den Neuronen der Klasse 1 unmittelbar benachbart zum Ventrikelraum des Neuralrohrs. Die Nachbarschaft des Ventrikelraumes zur Neuronenklasse 1 scheint für die Schichtungsrichtung wesentlich zu sein.

 

Anordnung der Neuronenklassen im Neuralrohr

Abbildung 11- Anordnung der Neuronenklassen im Neuralrohr

Wir analysieren nun die Topologie der Neuronen der Klasse 5 im ersten Segment und erinnern uns wieder an das Strickleitermodell. Wir richten es so aus, dass sich der Kopf oben befindet. Die Neuronen der Klasse 5 befinden sich im motorischen Zentrum, welches seinen Input vom sensorischen Zentrum erhält. Dieses jedoch war auf der ersten Ebene nach den verschiedenen Modalitäten aufgespalten und bestand nun aus nebeneinanderliegenden Modalitätenstreifen aus Neuronen der Klasse 4. Diese übertrugen gemäß dem Strickleitermodell ihre Erregung (über Interneuronen) an die Projektionsneuronen der Klasse 3, deren Axone nun zu den motorischen Neuronen der Klasse 5 zogen.

Die Projektionsaxone dieser Neuronen fächerten sich ebenso auf wie die der aufwärts projizierenden der Klasse 4. Aber sie bestanden nur aus einem Modalitätentyp. Jedes Neuron der Klasse 5 projizierte zu Motoneuronen - es gab also nur eine Modalität. Daher bildete die Fläche, in der die Neuronen der Klasse 5 angeordnet waren, eine zusammenhängende Modalitätenfläche, die wir als motorischen Cortex bezeichnen.

Die cortikale Modalitätenfläche war jedoch ebenso wie die sensorischen Modalitätenflächen streifenartig organisiert. Jedem Körpersegment war genau ein waagerecht verlaufender Streifen zugeordnet. Der oberste Streifen repräsentierte wieder das unterste Segment. Jedes höhere Segment projizierte in einen tiefer gelegenen Segmentstreifen. So war auch der motorische Cortex ein segmentiertes Körpermodell des segmentierten Lebewesens. Hier wurden im Modell die Motoneuronen durch die Outputneuronen der Klasse 5 repräsentiert. Wir fassen diese Erkenntnis in ein Theorem.

Theorem der motorischen Körperabbildung

Der motorische Cortex stellt ein Körpermodell dar. Die Outputneuronen der Klasse 5 repräsentierten in diesem Modell die realen Motoneuronen. Jedes Segment belegte im Modell einen eigenen Segmentstreifen. Nachbarschaftsbeziehungen der Motoneuronen wurden im Körpermodell durch die zugehörigen Outputneuronen wiedergegeben.

Wir unterstellen im sensorischen und motorischen Cortex der Tiere der damaligen Evolutionsepochen die Beibehaltung der Schichtung in Neuronenklassen.

Theorem der Schichtung der Neuronen im Cortex nach Neuronenklassen

Im Cortex der segmentierten Bilateria, deren Linie zu den Wirbeltieren führte, waren die Neuronen im Cortex - der aus dem ersten Segment der frühen segmentierten Bilateria hervorging - nach Neuronenklassen geschichtet. Die Schichten erfolgt genau umgekehrt im Vergleich zum Neuralrohr. Von innen nach außen bildeten sich folgende Schichten:

Schicht 6 der Neuronenklasse 6 (Mittelwertneuronen)

Schicht 5 der motorischen Konnektivneuronen der Klasse 5

Schicht 4 der sensorischen Konnektivneuronen der Klasse 4

Schicht 3 der sensorischen Kommissurneuronen der Klasse 3

Schicht 2 der motorischen Kreuzkommissurneuronen der Klasse 2

Schicht 1 der Aktivierungsneuronen der Klasse 1.

Die Schichtungsreihenfolge im Cortex ist umgekehrt zur Schichtungsrichtung im Neuralrohr. Diese Anomalie ist begründet durch die enge Kopplung zwischen der ersten Schicht und dem Ventrikelraum. Im Neuralrohr dient der innere Ventrikelraum als Bezug. Im Cortex ist die Entfernung zum inneren Ventrikelraum viel zu groß für eine Kopplung. Hier übernimmt der äußere Ventrikelraum diese Funktion, daher kehrt sich die Reihenfolge der Neuronenschichten um. Die Schicht mit den Neuronen der Klasse 1 liegt außen direkt an der äußeren Ventrikelwand.

Die Schicht 4 der sensorischen Kommissurneuronen im Cortex - also dem höchsten Segment - weist eine Besonderheit auf. In den übrigen Segmenten sind diese Neuronen Projektionsneuronen, die in das übergeordnete Segment projizieren. Im obersten Segment gibt es jedoch kein übergeordnetes. Daher bilden sich diese Neuronen zu Interneuronen zurück, die die empfangene Erregung auf die Nachbarschichten verteilen.

Nicht jede Schicht enthielt überall Neuronen. Auf der sensorischen Hälfte waren die sensorischen, auf der motorischen Hälfte die motorischen Neuronen vertreten.

Im motorischen Cortex gab es keine sensorischen Kommissurneuronen der Klasse 4 und keine sensorischen Konnektivneuronen der Klasse 3, denn diese befanden sich bereits im ursprünglichen Strickleitersystem auf der sensorischen Seite der neuronalen Strickleiter. Neuronen der Klasse 2 waren vorhanden, ebenso Neuronen der Klassen 1 und 6.

Im motorischen Cortex konnten nur Neuronen vorhanden sein, die im motorischen Zentrum beim motorischen Holm des Strickleitersystems ebenfalls vorhanden waren.

Ebenso gab es in den cortikalen Sensorikstreifen, die in ihrer Gesamtheit den sensorischen Cortex bildeten, keine motorischen Kommissurneuronen der Klasse 5, dafür jedoch die sensorischen Kommissurneuronen der Klasse 4 (als Interneuronen) sowie die sensorischen Konnektivneuronen der Klasse 3. Neuronen der Klasse 2 waren vorhanden, ebenso Neuronen der Klassen 1 und 6.

Im sensorischen Cortex konnten nur Neuronen vorhanden sein, die im sensorischen Zentrum beim sensorischen Holm des Strickleitersystems ebenfalls vorhanden waren.

Bereits recht früh in der Evolution der Bilateria entwickelten sich erste Komponenten einer motorischen kontralateralen Hemmung. Besaß ein wurmartiges Lebewesen einen Ringmuskelschlauch und einen Längsmuskelschlauch, so arbeiteten diese gegeneinander. Die Kontraktion eines Ringmuskels war nur erfolgreich, wenn der Längsmuskel sich dem nicht widersetzte. Die Kontraktion der Längsmuskeln erforderte eine Dekontraktion der Ringmuskel. Dies ließ sich erreichen, wenn beide Muskelarten sich gegenseitig hemmten, so dass der aktivere Muskel sich durchsetzte. Bei den Bilateria wurde diese gegenseitige Hemmung zur kontralateralen Hemmung ausgebaut. Während sich die motorische kontralaterale Hemmung zunächst im Neuralrohr bzw. Rückenmark entwickelte und später in den Hirnstamm ausgelagert wurde, konnte die sensorische kontralaterale Hemmung sich nur im Cortex etablieren, weil nur dort alle sensorischen Signale der Rumpf- und Kopfsinne zur Verfügung standen. Bei der sensorischen Hemmung ging es nicht darum, dass sich ein Muskel gegen seinen Gegenspieler durchsetzte, sondern dass die stärkeren sensorischen Signale einer Gehirnhälfte sich gegenüber den schwächeren Signalen der anderen Hirnhälfte durchsetzten. Dies wurde nach Modalitäten getrennt realisiert. Die dazu nötige neuronale Verschaltung wird im nachfolgenden Theorem beschrieben.

Theorem der kontralateralen (sensorischen) Hemmung im Zusammenwirken von Thalamus und Cortex

Die thalamischen Konnektivneuronen der Klasse 4 einer Körperhälfte projizieren zum gleichseitigen Cortex in die Neuronen der Schicht 4, die diese Erregungen an die Kommissurneuronen der Klasse 3 übertragen. Letztere projizieren zum motorischen Cortex.

Die Erregung der Neuronen der Klasse 4 wurde jedoch auch auf Neuronen der Klasse 2 übertragen, die zur Gegenseite in die sensorische kontralaterale Cortexhälfte projizierten. Sie kontaktieren dort Neuronen der Klasse 5, deren Axone zum Thalamus dieser Körperhälfte absteigen, wo sie über hemmende Neuronen die kontralaterale Hemmung bewirken. Die Hemmungsneuronen formierten sich zum Nucleus reticularis thalami.

Somit gab es im Thalamus punktgetreu eine cortikale Aufwärtsprojektion und genau dazu in unmittelbarer Nähe eine cortikale Abwärtsprojektion zum gleichen Thalamusneuron unter Zwischenschaltung eines hemmenden Neurons. Dennoch projiziert nicht einfach die Cortexrinde zurück zum gleichen Thalamusneuron, sondern die Abwärtsprojektion stammt von der spiegelbildlich gelegenen kontralateralen Cortexrinde und verursacht die kontralaterale Hemmung im Gehirnsystem.

Diese Schaltung wird in beiden Gehirnhälften realisiert. Punkt für Punkt, Rezeptor für Rezeptor werden die Signale der linken und rechten Körperhälfte miteinander verglichen und hemmen sich gegenseitig. Nur das stärkere Signal mit der höheren Feuerrate setzt sich durch und kann Reaktionen im System hervorrufen. Die cortikalen Rückprojektionen zum Thalamus entstammen der Gegenseite und realisieren die kontralaterale Hemmung auf der Ebene des zweiten Segments.

Im Wirbeltiergehirn bilden die myelinisierten Axone der Kreuzkonnektive des ersten (cortikalen) Segments, die die Signale zur kontralateralen Seite leiteten, dichte Axonbündel, die als Balken oder Corpus callosum bezeichnet werden.

Die thalamischen Hemmungsneuronen bildeten eine außen am Thalamus anliegende Neuronenschicht, die ihren Input (vorwiegend) vom ersten Segment - dem Cortex - erhielt und hemmend auf die zugehörigen Thalamusneuronen einwirkte. Diese Schicht wird ebenfalls zum Thalamus gezählt und als Nucleus reticularis thalami bezeichnet. Da sie ihren Input von den Neuronen der Klasse 5 empfängt, ist sie nur auf der motorischen Seite des Thalamus vorhanden.

Eine chirurgische Durchtrennung des Corpus callosum, als Split Brain bezeichnet, früher zum Beispiel bei Epilepsie angewendet, führt zum Wegfall der neuronalen Konkurrenz beider Hirnhälften, so dass sich im Extremfall in jeder Gehirnhälfte ein eigenständiges sensorisches Bewusstsein herausbilden kann. Es ist dann so, als wäre jede Körperhälfte ein eigenständiges Lebewesen. Die Motorik ist davon weniger betroffen, denn die neuronale Konkurrenz der Motorik erfolgt weiterhin, einerseits auf den verschiedenen Segmentebenen des Rumpfes und andererseits über das Cerebellum, welches die kontralaterale Hemmung auf Hirnstammebene durch die inverse Erregung der motorischen Gegenspieler ablöste.

Durch die beim Homo sapiens erfolgende Arbeitsteilung zwischen den Hirnhälften verfügt nach einer Brain-Split-Operation jede der zwei Bewusstseinsebenen nur über die Fähigkeiten, die in der betreffenden Hirnhälfte lokalisiert sind.

Eine Störung der Signalleitung im Corpus callosum oder im Nucleus reticularis thalami könnte zum Effekt einer Bewusstseinsspaltung führen, bei der die betreffende Person durch zwei Persönlichkeitsvarianten dargestellt wird (Schizophrenie).

Natürlich taucht hier die Frage auf, warum die kontralaterale Hemmung der beiden Gehirnhemisphären nicht durch hemmende Interneuronen der cortikalen Etage realisiert wurde.

Theorem der kontralateralen Hemmung der beiden Gehirnhemisphären

Die kontralaterale Hemmung zwischen den beiden Gehirnhemisphären wurde durch hemmende Interneuronen des Nucleus reticularis thalami realisiert, weil die cortikale Etage ihre hemmenden Interneuronen bereits an das Striatum abgetreten hatte. Daher musste diese Hemmung eine Etage tiefer durch thalamische Neuronen realisiert werden. Diese bildeten im Verlaufe der Evolution einen separaten Thalamuskern, den Nucleus reticularis thalami.

Die Verwendung der hemmenden Interneuronen des Cortex für das sich bildende Striatum wird im Kapitel über die Basalganglien ausführlicher behandelt werden. Dies ist einer der wenigen Fälle in dieser Monografie, wo Kenntnisse verwendet werden, bevor sie hergeleitet wurden.


Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan