ISBN
978-3-00-064888-5
Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan
Im Verlaufe der evolutionären Entwicklung des Cerebellums erfolgte auch die Einbindung der limbischen Signale in das Cerebellumsystem. Der Beginn war gelegt worden einerseits mit der Entstehung des limbischen Signalweges über die dopaminerge Area tegmentalis ventralis (VTA), welcher der Gewinnung zeitversetzter Signale diente. Andererseits benutzte auch das Basalgangliensystem den dopaminergen Signalweg für die Elementarsignale und die Mittelwertsignale. Und speziell das Striatum mit dem Globus pallidus diente dem Cerebellum als Signalquelle für die Kletterfasern .
Dieser Signalweg wurde im Verlaufe der Zeit für das limbische System mitverwendet. Eine Ursache mag in der Nutzung des gemeinsamen Transmitters Dopamin liegen. Die limbischen Signale zogen ja bereits zur VTA, und diese projizierte anfangs nur zurück zum limbischen System, wohl vor allem in die Amygdala . Denn das limbische, genauer das olfaktorische System war eines der ersten im Verlaufe der Evolution. Man könnte sich die Entstehung der dopaminergen Substantia nigra pars compacta durchaus als Ablegerbildung der VTA vorstellen. Dieses dopaminerge Ablegersystem übernahm im Verlaufe der Zeit die Verarbeitung motorischer und sensorischer Signale. Und ihr Ziel war primär das Striatum .
Daher kann angenommen werden, dass das Striatum auch fähig war, limbische Signale aus dem dopaminergen Ursprungsgebiet der VTA zu übernehmen. Anfangs waren die Motorik und Sensorik ja recht elementar, so dass es nicht viele Signale zu verarbeiten gab. Offenbar bestand damals bereits eine topologische Trennung, so dass die olfaktorischen Signale im sich bildenden Striatum von den motorischen und sensorischen räumlich getrennt waren. So entstand ventral vom motorischen Striatum ein olfaktorisch/limbisches Striatum. Dieser Neuronenkern wird heute als Nucleus accumbens oder als ventrales Striatum bezeichnet.
Nach der Theorie des Autors erzeugt das ventrale Striatum die limbischen Kletterfasersignale für das Cerebellum. Aber wenigstens ab einem hinreichenden Evolutionsstand waren die meisten limbischen Signale maximumcodiert und stellten getaktete und tetanische Schwingungen dar. Hier war keinerlei Signaltransformation mehr vonnöten. Die limbischen Kletterfasersignale waren somit besonders geeignet für die Prägung . Es fehlte nur noch der Zugang limbischer Signale über das Parallelfasersystem. Dazu mussten die limbischen Cortexregionen über die Brückenkerne in das Cerebellum projizieren. Dann konnte zu jedem aktiven limbischen Signal eine eigene Purkinjegruppe geprägt werden, die später über die Kletterfaser aktiviert wurde, wenn dieses Signal aktiv war. Der Output des Kleinhirnkerns erreichte den Cortex und fand über die Brückenkerne erneut Zugang zum Cerebellum. Dort konnten die limbischen Signale mit nichtlimbischen Signalen kombiniert und zur Prägung neuer Komplexsignale verwendet werden. Das Cerebellum dient für die maximumcodierten limbischen Signale also nicht als Inversionssystem , sondern bereits als neuronales Netz mit Kletterfaserprägung.
Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan